Dörfliche Bebauung in Fischerhude oder Gestaltsatzung für Fischerhude? Oder… Ländliche Räume und Dörfer sind heute einem sich beschleunigenden Wandel unterlegen. Besonders in bäuerlich geprägten Dörfern hat der Strukturwandel in der Landwirtschaft gewaltige Veränderungen in der sozialen und baulichen Dorfentwicklung erzwungen. Das gilt auch für Fischerhude.
Fast alle landwirtschaftlichen Betriebe haben den alten Ortskern verlassen, sind ausgesiedelt oder haben die Landwirtschaft eingestellt. Zurückgeblieben sind oft schöne große alte Bauernhäuser, die nun einer neuen Nutzung zugeführt werden mussten. Das ist oftmals gut gelungen. Es gibt aber weiterhin Probleme in der baulichen Dorfentwicklung, die in der Zukunft angegangen werden müssen.
Es gibt einige Gebäude, deren Verfall gerade noch durch engagierte Käufer aufgehalten werden konnte und es gibt Gebäude, die ortsbildprägend waren und verfallen oder abgebrannt sind. Weiter gibt es aber auch Objekte, die baulich in sehr schlechtem Zustand sind, so dass Verfall und Abriss voraussehbar sind. Es wird also zu einer baulichen Dorfentwicklung kommen, bei der sich die Frage stellt, ob und wenn ja, wie diese Entwicklung gestaltet werden kann.
Natürlich kann man diese Entwicklung sich selbst überlassen, aber, das zeigt auch schon die bisherige Entwicklung in Fischerhude, dass es dort, wo es keine Vorgaben für die bauliche Entwicklung gibt, zu einer Ansammlung verschiedenster Baustile und Haustypen kommt, die die dörfliche Bebauung des Ortskerns zerstören würde. Es steht also außer Frage, dass eine solche Entwicklung gestaltet werden muss.
An dieser Stelle scheiden sich aber die Geister. Muss eine Gestaltungssatzung oder örtliche Bauvorschrift diesen Prozess steuern oder reichen die Aussagen des §34, Baugesetzbuch dafür aus?
Der § 34 bietet hier einige Möglichkeiten, die aber durch eine Vielzahl von Ausnahmeregelungen leicht umgangen werden können. Der im Gesetz geforderte Maßstab des sich Einfügens in die vorhandene Bebauung setzt auch keine praktikablen Grenzen, besonders dann nicht, wenn es in der schon vorhandenen Bebauung immer wieder Verstöße gegen eine dörfliche Bebauung gegeben hat. Daneben führen die Regelungen des § 34 Baugesetzbuch bei Bauherren und Architekten zu Unsicherheiten und nicht gewünschten rechtlichen Auseinandersetzungen. Eine Gestaltungssatzung dagegen kann, wenn sie nicht als Reglementierungsinstrument daherkommt, für die Bauherren und Architekten eine Gestaltungshilfe sein, bestimmte Mindeststandards für eine dörfliche Bebauung einzuhalten.
Die Erfahrungen, die in der Vergangenheit mit solchen Satzungen gemacht wurden, sind durchweg positiv und führen in den betreffenden Orten zu einem harmonischen Gesamtbild. So formulierten die wohl gegenwärtig bedeutendsten deutschen Architekten Gerkan und Marg schon 2005 in einem Zeitinterview:
„Fahren sie durch Schleswig-Holstein, sie werden nur durch geschundene, zerstörte Orte kommen, ob das Elmshorn ist oder Itzehoe. Sie kriegen eine Netzhautablösung von diesem Grauen, diesen verkrüppelten Häusern und Bauernhöfen.
Fahren sie aber durch Oberbayern, dann werden sie erleben, dass fast jedes Dorf eine Gestaltungssatzung hat, sie fahren durch einen Architektur- und Naturpark.“
Natürlich ist auch eine Gestaltungsatzung kein Wundermittel für gelungene Architektur, aber sie kann, wenn sie praktikabel angelegt ist und Ergebnis eines auf Konsens ausgerichteten Diskussionsprozesses ist , hilfreich und harmonisierend auf die dörfliche Bauentwicklung einwirken.
Rolf Becker